Suche
Suche Menü

Mediation am Wiener Steinhof geht in die nächste Runde

Wiener Steinhof

Noch ist das Vorhaben in der Vorbereitungsphase einer echten Mediation, doch die Wellen schlagen schon jetzt wieder einmal hoch am Wiener Steinhof. Erst vor wenigen Tagen hatte die Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“ ihre Position mit rund 44.000 gesammelten Unterschriften eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In dieser Woche steht nun eine Podiumsdiskussion auf dem Plan. Im Kern der Diskussion steht die Frage, wie es mit der Zukunft des Areals weitergehen soll.

Der Wiener Steinhof: Darum geht es

Dass Mediation auch im Nachbarland Österreich ein gewinnbringender Weg zum Ziel ist, zeigt sich an der laufenden Diskussion um den Wiener Steinhof sehr deutlich. Zwar befindet sich das Verfahren bisher erst in der Vorphase, doch der Interessenskonflikt zwischen Bürgern und Politik zeigt sich mehr als deutlich – und wird seitens der Politik doch als Jahrhundertchance für alle Beteiligten bezeichnet.

Ursprünglich war der Steinhof ein Psychiatrisches Krankenhaus in Wien, er wird heute als Wiener Krankenanstaltenverbund geführt. Geht es nach den Interessen der Stadtvertreter, sollen auf dem östlichen Teil des Areals 650 Wohnungen gebaut werden. In diesem Fall seien alle Abteilungen des Spitals bis zum Jahr 2020 umzusiedeln. Nach Ansicht der Bürger allerdings besteht die Gefahr, das landschaftlich und architektonisch reizvoll gestaltete Areal zu zerstören und zu verbauen. In der anstehenden Diskussion wird es deshalb nicht nur um die Frage gehen, warum die Umsiedlung des Spitalbetriebs um zehn Jahre vorgezogen werden soll. Vielmehr wird die Prä-Mediation darauf abzielen, eine gemeinsame Gesprächsbasis für alle Konfliktparteien zu finden. Von Johannes Gotsmy, der die Mediation begleiten wird, war dann auch zu hören, dass sich alle Beteiligten in den letzten Gesprächen aufeinander zubewegt hätten. Mindestens sei klar geworden, welche Hintergründe die andere Partei umtreiben.

Nächstes Treffen Anfang Juni geplant

Schon am 05. Juni 2012 geht das Verfahren in die nächste Runde. Geht es nach Mediator Gotsmy, soll dann bereits mit der richtigen Mediation begonnen werden. An dem Treffen werden rund 25 Personen teilnehmen, sie decken sowohl Vertreter der Städte und Kommunen ab wie auch Vertreter der Bürgerinitiativen anwesend sein werden, und auch die beteiligten Bauträger Vamed und Gesiba werden Ansprechpartner entsenden. Das erklärte Ziel der nächsten Phase: Eine Gesprächsbasis für die Hauptphase zu finden, und mit diesem Ziel dürften die Gespräche etwas mehr Raum in Anspruch nehmen.

Nach Ansicht der Grünen ist ein Konsens für die nächste Verhandlung allerdings noch nicht gefunden. So hätte die vorgezogene Umsiedlung erneut zu einigen Unsicherheiten geführt, und deshalb steht weiterhin in Frage im Mittelpunkt, wie es um den geplanten Wohnbau bestellt ist. Unterstützt wird die Partei von den Forderungen der Bürgerinitiative, die sich von der aktuellen Berichterstattung überrollt sieht und den ehrlichen Hintergrund vermisst. So fand am 22. Mai 2012 die bisher letzte Verhandlungsrunde der Prä-Mediation statt, doch in dieser wurden keinesfalls neue Ergebnisse berichtet. Dass seitens der politischen Vertreter mit dem Verzicht auf einen Teil der Wohnungen nun eine offensichtliche Lösung in den Medien kolportiert wird, stößt in der Bürgerinitiative auf Verwunderung. Deshalb dürfte der Widerstand gegen eine weitere Umsiedlung und den Umbau des Areals erhalten bleiben. Die anstehenden Gespräche werden deshalb noch Einiges an Missverständnissen aus der Welt schaffen müssen, bis eine vertrauensvolle Basis für wegweisende Gespräche gefunden ist.

Die Forderungen der Bürgerinitiative

Im Zentrum der Forderungen der Bürger steht der Abverkauf der Otto-Wagner-Spitalsanlage: Sie soll um jeden Preis verhindert werden um das architektonisch reizvolle Denkmal zu erhalten. Die Anlage soll der sozialen Wohlfahrt erhalten bleiben, doch mit dem Verkauf des Ostteils an eine Wohnbaugesellschaft sehen die Bürger dieses Ziel gefährdet. Spätestens mit der Aufgabe des Spitals als Krankenanstaltenverbund wird der stückweise Verkauf befürchtet, der in eine Privatisierung des öffentlichen Eigentums münden könnte. Nach Ansicht der Bürgerinitiative muss das Spital voll im öffentlichen Besitz bleiben, damit die Parkanlage ohne weitere Zerstörung erhalten bleiben kann. Damit soll auch die Jugendstilkirche als einer der schönsten Bauten seiner Art in ganz Wien inmitten der Parkanlage in vollem Umfang weiterhin erhalten bleiben.

Der Blick zurück

Ursprünglich als Psychiatrisches Krankenhaus und Pulmologisches Zentrum der Stadt Wien erbaut, wird der Steinhof heute als Wiener Krankenanstaltenverbund geführt. Das Krankenhaus liegt im 14. Bezirk Penzing und wurde im Jahr 1907 eröffnet. Insgesamt sechzig Pavillons bilden den weitläufigen Komplex, der schon optisch geprägt wird von der Kirche am Steinhof. Im Jahr 2007 nach einer umfassenden Renovierung neu eröffnet, ist die Kirche heute eines der schönsten Jugendstilbauten in ganz Wien. Erst im Jahr 2000 wurden fünf Gesundheitseinrichtungen des Komplexes unter dem Namen Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe Otto-Wagner-Spital mit Pflegezentrum zusammengefasst, darunter das Neurologische Krankenhaus, das Pflegeheim, das Psychiatrische Krankenhaus und das Pulmologische Zentrum.

Im nördlichen Bereich grenzen die 45 Hektar großen Steinhofgrüne an die Krankenanstalt an, sie wurden gärtnerisch genutzt und betten das Areal in eine weitläufige Grünanlage ein. Schon in den 1970er Jahren wurde beschlossen, das Areal zu verbauen, im Jahr 1981 zeigte eine Wiener Volksbefragung am 12. Dezember allerdings, dass dieses Vorhaben von den Bürgern abgelehnt wurde, waren doch mehr als 53,4 Prozent der Befragten eindeutig dagegen. Schließlich wurden die Steinhofgründe vom Forstamt der Stadt Wien als Erholungsgebiet erhalten und weiterhin betreut.

Im April 2006 schließlich wurden erstmals Planungen vorgelegt, nach denen die psychiatrische Abteilung des Spitals verlegt werden sollte. Sie sollten Platz machen für Wohnungen, Hotels und Lokale, das bestehende Gebäude sollte in seiner Struktur nicht wesentlich verändert werden, so dass der optische Gesamteindruck weiterhin erhalten bleibt. Dieses Vorhaben wird seitens der Parteien Gründe und ÖVP heftig kritisiert, befürchten sie doch, dass sie bestehenden Grünflächen verbaut werden. Ihre Befürchtung basiert auch auf der Tatsache, dass der Flächenwidmungsplan aus Dezember 2006 gegenüber der ursprünglichen Planung vermindert erscheint. In der Zwischenzeit haben sich die Baupläne weiter konkretisiert, denn ein Teil des Spitalgeländes wurde an zwei der größten österreichischen Bauträger verkauft. Dieser Verkauf war ein maßgeblicher Auslöser des Widerstands aus den Kreisen der Anrainer, der sich Ende September 2011 bei einer Bürgerversammlung konkretisierte.

Insgesamt scheint es also, als sollte eine Mediation an dieser Stelle dringend nötig sein. Man darf deshalb gespannt sein, wie sich die nächsten Gespräche Anfang Juni weiter entwickeln und wie sich die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und den Bürgerinitiativen aufeinander zubewegen werden.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Ergänzung: Die nächste gemeinsame Mediationssitzung findet am 19. Juni statt, in der die Prämediations-Phase abgeschlossen werden und nach Möglichkeit die Hauptphase (=inhaltliche Arbeit) begonnen werden soll.
    Die offizielle Website findet sich hier: http://www.ows-mediation.at/

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.